FairTrade Laufbekleidung: Produktionsbedingungen im Herstellungsland
Wer wissen möchte, wo seine Laufbekleidung produziert wird, kann sich schnell und einfach Mittels eines Blicks auf das eingenähte Etikett informieren. Glaubt man… – und wird fündig oder eben nicht. Denn nach aktueller Gesetzeslage in Deutschland und im übrigen Europa gibt es keine Verpflichtung, Textilwaren mit dem Ursprungsland zu kennzeichnen. Eine entsprechende Kennzeichnung durch den Hersteller erfolgt rein freiwillig. Wird sie vorgenommen, so muss die Angabe allerdings wahrheitsgemäß erfolgen und darf den Verbraucher nicht in die Irre führen.
Doch auch wenn der Blick auf das Etikett darüber informiert, ob die Laufbekleidung in Deutschland (was eher selten der Fall ist, da zu teuer), der Türkei, Portugal, Griechenland, China, Indien oder Bangladesch produziert wurde – um nur einige Produktionsort zu nennen – erfährt man auf diesem Wege nichts über die Produktionsbedingungen. Der Gesamtverband für Textil und Mode lehnt eine verpflichtende Angabe sowieso ab, da befürchtet wird, dass nicht in Europa produzierte Waren stigmatisiert würden.
Wir kennen Fairtrade als Garanten für fairen Handel. Fairtrade bedeutet, dass Bauern in Afrika, Lateinamerika und Asien einen fairen Lohn für ihre Arbeit erhalten und soziale Mindeststandards erreicht werden.
In der Textilindustrie findet man in Angesicht einstürzender Textilfabriken oder Kinderarbeit in Bangladesch erstaunlich wenig Engagement für das Etablieren eines Dachverbands, deren Mitglieder sich zu einer fairen Produktion verpflichten. Nach dem Einsturz mehrere Textilfabriken in Bangladesch hat sich immerhin der H&M-Chef Karl-Johan Persson für ein internationales Gütesiegel für fair produzierte Bekleidung ausgesprochen.
Während sich die Zahl der Zertifikate heutzutage in einigen Branchen geradezu inflationär vermehrt, hält sich die Textilbranche diesbezüglich gerne bedeckt. Verbindliche Zertifikate, welche eine Produktion im Rahmen fairer Bedingungen am Herstellungsort gewährleisten, sucht man bei Laufbekleidung vergeblich.
Am ehesten wird derzeit wohl die Glaubwürdigkeit von Unternehmen untermauert, die Mitglied bei der Fair Wear Foundation sind. Diese Non-Profit-Organisation gibt es seit 1999. Bis zum Jahre 2012 hatte sie circa 75 Firmen als Mitglieder, die über hundert Marken anbieten. Derzeit (Stand 04.2014) werden ca. 130 Firmen im Webportal der FWF unter http://www.fairwear.org/36/brands vorgestellt.
Mit Deuter, Jack Wolfskin, Mammut, Salewa, Schöffel oder Vaude sind unter anderem viele namhafte Hersteller aus dem Outdoor-Bereich vertreten. Als einziger Laufsportartikelhersteller findet sich hier derzeit die Firma Odlo.
Zum Kodex der FWF für Arbeitspraktiken und Arbeitnehmerrechte gehören folgende acht Punkte:
- Begrenzung der Arbeitszeit
- Freie Wahl des Arbeitsplatzes
- Keine ausbeutende Kinderarbeit
- Keine Diskriminierung bei der Beschäftigung
- Rechtsverbindlicher Arbeitsvertrag
- Sichere und gesunde Arbeitsbedingungen
- Versammlungsfreiheit und das Recht auf Tarifverhandlungen
- Zahlung eines existenzsichernden Lohnes
Außerdem setzt sich die CCC (Clean Clothes Campain – Kampagne für saubere Kleidung) für faire Produktionsbedingungen ein.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang noch das „Bangladesch-Abkommen“, welches im Frühjahr 2013 von 32 führenden Handelskonzernen unterzeichnet wurde und den Brandschutz sowie die Sicherheit in den Textilfabriken des Landes erhöhen soll.
Wie erfahre ich, ob Laufbekleidung fair produziert wurde?
Die ernüchternde Antwort lautet: „In der Regel gar nicht.“
Es gibt keine eindeutigen Kriterien, die darüber Auskunft geben. Während es kein Problem darstellt, beispielsweise im Internet Produkte und Preise zu vergleichen, halten sich die Hersteller in Bezug auf die Produktionsbedingungen ihrer Textilien meist bedeckt und bieten kein Label an, welches direkt über eine faire Produktion informiert.
Einen ersten Hinweis über die Produktionsbedingungen kann der Preis liefern. Markenprodukte sind nicht ausschließlich aufgrund einer maximierten Gewinnspanne so teuer, sondern auch, weil hohe Kosten unter anderem für Fracht, den Vertrieb, die Werbung und die Ladenmieten in Deutschland entstehen. Die Herstellungskosten selbst spielen in dieser Preiskette eher eine untergeordnete Rolle. Vorgenannte Preiskette bedeutet allerdings auch, dass ein Laufshirt für fünf Euro zu billig ist. Wer in dieser Preisklasse ein Laufshirt kauft, kann nicht davon ausgehen, dass es unter fairen Bedingungen produziert wurde.
Im Umkehrschluss bedeutet dies leider aber nicht automatisch, dass ein hochpreisiges Laufshirt eines bekannten Herstellers deshalb ökologisch oder fair produziert wurde.
Findet sich im Etikett die Angabe, dass die Laufbekleidung in Bangladesch hergestellt wurde, so muss dies nicht automatisch bedeuten, dass die Näherinnen bei der Produktion ausgebeutet werden. So wirbt beispielsweise das Unternehmen Hessnatur damit, in Bangladesch mehr als den Mindestlohn zu zahlen – der Firma zufolge liegen bei einem T-Shirt für 19,95 EUR die Lohnkosten bei 1,40 EUR. Textilbranche-Experten wie Gisela Burckhardt von der Kampagne für saubere Kleidung (CCC) halten es zudem nicht für die ultimative Lösung, die Produktion hierher zurückzuholen, sondern setzen als Ziel, „den Beschäftigten in den Produktionsländern menschenwürdiges Arbeiten zu ermöglichen.“
Trotzdem gilt es zu berücksichtigen, dass Bangladesch derzeit weltweit die niedrigsten Löhne hat und es in Ländern wie Indien und Vietnam nur wenig besser aussieht. Hier sind die Mindestlöhne in der Regel so niedrig, dass sie nicht einmal ausreichen, um eine Familie zu ernähren.
Steht im Etikett hingegen beispielsweise „Made in Italy“, so bedeutet dies noch lange nicht, dass das Laufshirt auch dort produziert wurde. Es ist durchaus möglich, dass dort nur noch ein kleiner „Feinschliff“ erfolgt ist, um Italien als Produktionsstandort deklarieren zu können.
Bisher haben nur relativ wenige Textilhersteller sich darum bemüht, Transparenz herzustellen. Einige nennen seit dem Einsturz mehrerer Textilfabriken immerhin die Lieferanten. Über die Herstellungsbedingungen sagt dies allerdings noch nichts aus.
Produktreihen anzubieten, die unter garantiert fairen Bedingungen produziert werden, das ist eine Idee, der die Zukunft gehört.
Noch ist davon in den Läden aber nicht viel zu finden. Unabhängig davon, ob der Verbraucher „normale“ Kleidung oder Laufbekleidung sucht. Kaum ein namhafter Hersteller bietet eine faire Kollektion an – und nicht selten werden Markenkleider in den gleichen Fabriken produziert wie die Discountware. Der unterschiedliche Preis hängt größtenteils mit den besseren Materialien und dem teureren Marketing zusammen.
Ein Fair-Trade-Textil-Sortiment wäre zwar sicherlich nicht im unteren Preissegment angesiedelt. Und auch nicht für jeden Geldbeutel geeignet. Es müsste aber nicht zwangsläufig deutlich teurer sein als die übliche Markenbekleidung namhafter Hersteller. Denn diese ist auch heute schon kein Schnäppchen – ohne deshalb faire Herstellungsbedingungen zu garantieren.