Lara Lauf – Läuferin
Liebe Läuferinnen, liebe Läufer:
ein sportives Hallo in die Runde!
Ich bin Lara Lauf und Läuferin.
Bitte jetzt keine hysterischen Beifallsbekundungen – wir sind hier unter uns, nicht in der Sonntagabend-Talkrunde bei Günther Jauch. Dort, wo das Publikum auf Aufforderung stets ganz spontan geklatscht hat, während der Blick ins Leere gerichtet war.
Ach ja, richtig: die Sendung wurde bereits vor über einem Monat eingestellt – vielleicht erinnert sich inzwischen ja auch niemand mehr an sie.
Natürlich ist Lara Lauf ein Pseudonym.
Schließlich möchte ich nicht auf offener Strecke erkannt werden und ständig Hände abklatschen müssen. Außerdem geniere ich mich ein wenig. Nur zu gerne würde ich euch davon erzählen, extrem jung, sportlich, sehr, sehr schlank und selbstverständlich auch herrlich attraktiv zu sein. Also tut mir die Liebe und stellt euch Lara Lauf genau so vor wie auf dem Foto. So viel künstlerische Freiheit muss erlaubt sein – wen interessiert da schon die ungeschminkte Realität? Die meisten Frauen gehen nicht ungeschminkt aus dem Haus. Nicht mal zum Laufen.
Norma Jean Baker, Cassius Marcellus Clay, Robert Allen Zimmerman, Richard Bachmann – jeder kennt sie, wenn auch nicht unbedingt unter diesen Namen. Sprechen wir Tacheles, erwähnen wir Marilyn Monroe, Muhammad Ali, Bob Dylan und Stephen King, so heißt es plötzlich: „ach sooo!“.
Und ich? Ich bin Lara Lauf, die nette Läuferin von nebenan. Eine von denen, die nicht eines Morgens aus dem Bett gesprungen ist und voll unbezwingbarer Gier mit dem Laufen angefangen hat.
Keine von denen, die sich - von einem unstillbaren Verlangen getrieben - die Kleider vom Leib gerissen, das Jogging-Outfit übergestreift, die Laufschuhe gebunden hat und ohne größere Anstrengungen eine Stunde am Stück gelaufen ist.
Es wäre natürlich schick, das zu behaupten, hat aber den faden Beigeschmack der Legendenbildung. Die Wirklichkeit ist nicht so. Die Wirklichkeit ist hässlich. Die Wirklichkeit, das sind jene Tage, an denen ich, die Laufschuhe geschnürt, ins Freie schlurfe, nur um festzustellen, dass eine massive Regenwand heute kein Lauftraining zulässt. Zum Glück trage ich dabei eine Sonnenbrille, denn die Abendsonne verbreitet ihr gleißendes Licht und scheint mir dabei direkt ins Gesicht.
Erzählte ich meinen Freundinnen davon, dass ich jogge, huschte ein ungläubiges Lächeln über ihr Gesicht. Kurz wie ein Sommerhauch, bevor sie sich zusammenrissen und ihre Augen uneingeschränkte Loyalität verkündeten. Doch es sind diese wenigen Sekunden, die mir bewusst machten, dass ich nicht aussehe wie jemand, der joggen geht. Oder überhaupt allzu viel Sport treibt, was das betrifft. Zugleich waren es zu Beginn die wertvollsten Sekunden, diejenigen, aus denen ich anfangs meine Motivation geschöpft habe. Der Moment, in dem ich dieses Lächeln besiegte, in dem es einem beiläufigen Nicken wich, wäre der Moment der Anerkennung. Die Bestätigung dafür, mehr zu sein, als eine Frau mit leichtem bis mittlerem Hang zu ungeliebten Pölsterchen. Natürlich würde ich nicht von gleich auf sofort zu einer zweiten Paula Radcliffe mutieren – schließlich kann man es mit allem übertreiben, auch mit dem sehr schlank-und-muskulös-sein.
Ich bin Läuferin.
Gerne würde ich das in einem Nebensatz erwähnen. Das wäre verhältnismäßiger, irgendwie. Aber was soll’s, lieber etwas zu viel Ehrgeiz, als zu wenig davon. Zweifel habe ich selbst genug, damit muss mich niemand füttern – vielen Dank für das Angebot, aber nein danke.
Angenommen hingegen habe ich das Angebot, auf RUNNING LIFE eine Kolumne zu schreiben. Erst mal als Pilotprojekt vielleicht mit drei oder vier Beiträgen. Wie beim Joggen sollte man mit einer kurzen Distanz anfangen und schauen, wie das so ankommt. Über Unterstützer freue ich mich immer. Auf Mitläufer/innen und Zuschauer am Wegesrand, deren Anfeuerungsrufe einem dabei helfen, die endlosen Kilometer bis zum Ziel durchzuhalten.
Wer mir schreiben möchte, um mich zu ermutigen oder von seinen eigenen Erfahrungen zu berichten, kann das gerne an lara[-ät-]running-life.de tun – ich freue mich!