Wettkampfzeitprognose für Marathon und Halbmarathon
Gib zwei Testläufe an:
Voraussetzungen für eine realistische Wettkampfzeitprognose
- Unterschiedliche Distanzen
- Die Laufdistanzen liegen weit genug auseinander. So empfehlen sich beispielsweise für eine Marathonzeitprognose je ein Lauf über 10 KM und ein Halbmarathon
- Der längere Lauf wurde bzgl. der Durchschnittszeit langsamer als der kürzere Lauf gelaufen
- Weitere Hinweise erhältst du im nachfolgenden Text
Allgemeines zu Zeitprognosen
Wettkampfzeitprognosen
Eine immer wieder populäre Frage unter Läufern lautet:
„Wie schnell kann ich einen Marathon laufen?“
Hierzu gibt es verschiedene Prognosemodelle, z.B. von Greif, Danzer aber auch Herbert Steffny. Unabhängig davon, welcher Lösungsansatz verfolgt wird, sollte jedoch immer berücksichtigt werden, dass dabei stets Rechenmodelle verwendet werden, die auf Basis empirischer Daten hergeleitet wurden.
Solche Rechenmodelle können mehr oder weniger genau sein, liefern jedoch nicht in jedem Fall und unter allen Umständen exakte, verbindliche Resultate.
Betrachte die Ergebnisse solcher Berechnungen als nützliche Anhaltspunkte und gute Richtwerte.
Wichtige (nicht pauschal voraussetzbare) Faktoren sind z.B.:
- Die Grundlagenausdauer für lange Wettkampfstrecken:
- Wurden im Vorfeld viele lange, langsame Läufe absolviert? Wie oft wurde wöchentlich gelaufen? In welchem Herzfrequenzbereich? Aerob oder anaerob?
- Ein Läufer, der fast ausschließlich langsam trainiert wird bei hoher Belastung im anaeroben Bereich Schwächen aufweisen. Ein Läufer dagegen, der überwiegend sehr schnell trainiert, womöglich hauptsächlich anaerob, verfügt meist nur über eine ungenügende Grundlagenausdauer. Für ihn besteht ein höheres Risiko, während des Marathons einzubrechen.
- Jeder Läufer hat andere physische, psychische und physiologische Voraussetzungen.
- Tagesform: Wie fit bin ich am Wettkampftag?
- Ernährung
- Witterungsbedingungen am Wettkampftag
- Streckenbeschaffenheit (Höhenunterschiede, Bodenbeschaffenheit,....)
- ....
Nicht all diese Faktoren können zuverlässig erfasst werden. Und gleiche Faktoren haben nicht auf jeden Läufer denselben Einfluss.
Eine weitere Einschränkung besteht darin, dass es nicht möglich ist, aus einer Bestzeit über 5 KM eine zuverlässige Prognose für die eigene Marathonbestzeit zu erstellen.
Jeder Läufer kennt das Phänomen: Mit zunehmender Streckenlänge sinkt die Durchschnittsgeschwindigkeit. Schafft ein Läufer es beispielsweise 10 KM in 50 Minuten zu laufen und geht dabei an seine Leistungsgrenze, so wird er 20 KM nicht in 1 Stunde 40 Minuten absolvieren.
Viele Modelle für die Erstellung einer Zeitprognose basieren auf empirischen Daten. Akribisch wurden dazu Messdaten erfasst, um aus ihnen mathematische Formeln herzuleiten, die eine möglichst genaue Prognose liefern.
Keine mathematische Formel ist jedoch in der Lage, individuelle Wettkampfvorbereitung, Leistungsfähigkeit und andere unabwägbare Faktoren (Witterungsbedingungen, Streckenbeschaffenheit, etc.) zu berücksichtigen.
Diese Störgrößen erklären unter anderem Abweichungen zwischen der Soll- und der tatsächlich gelaufenen Ist-Zeit.
Andererseits spiegeln sich die tatsächlichen, individuellen Parameter in bereits absolvierten Läufen wider und können als Grundlage für die Laufzeitprognose dienen.
Hieraus lässt sich eine Grafik erstellen, die das Ermüdungsverhalten des Läufers erfasst und die sich durch mathematische Formeln beschreiben lässt.
Einige Modelle fragen zur Erstellung einer Prognose für die Marathon-Zielzeit nach der Bestzeit über 10 KM oder (genauer) über die klassische Halbmarathondistanz von rund 21,1 KM und errechnen hieraus die prognostizierte Marathonzeit. Dabei wird mit einem Faktor multipliziert, der aus Erfahrungswerten und Messungen hergeleitet wurde. Dieses Vorgehen ist somit linear.
Robert Bock verfolgt mit seinem CPP (Competitive Performance Predictor) – Modell einen anderen Ansatz:
Aus zwei Testzeiten wird durch nichtlineares Regressionsrechnen die Zielzeit ermittelt. Der Vorteil bei der Berechnung aus zwei (unterschiedlichen!) Zeiten liegt darin begründet, dass das „Ermüdungsverhalten“ des individuellen Läufers besser berücksichtigt werden kann als bei der Prognose aus einer einzelnen Testzeit.
Voraussetzungen für die CPP-Prognose sind:
- Es müssen zwei Testläufe berücksichtigt werden.
- Diese Testläufe müssen eine unterschiedliche Distanz vorweisen (also nicht, z.B., zwei 10 KM Läufe).
- Die Testläufe sollten für eine gute Genauigkeit bezüglich der Distanz nicht zu nahe beieinander liegen.
- Die Regressionsrechnung liefert nur dann sinnvolle Ergebnisse, wenn die Eingaben auch sinnvoll sind.
Gibst du beispielsweise für den 10 KM Lauf deine gemütliche Trainingszeit ein und für die längere Strecke eines Halbmarathons deine Wettkampf-Bestzeit, kann die durchschnittliche Geschwindigkeit beim langen Lauf höher liegen als die beim kürzeren Lauf.
Damit erhältst du bei der Zeitprognose folglich das Ergebnis, dass du (scheinbar!) immer schneller wirst, je weiter du läufst.
Einen Anhaltspunkt für derartige „unlogische“ Eingaben erhältst du, wenn du einen Blick auf die ermittelten KM-Zeitwerte wirfst (Reihe „Zeit (pro Km)“ in der erzeugten Laufzeit-Prognosetabelle ).
Werden diese KM-Zeitwerte immer kürzer, je größer die zurückgelegte Distanz ist, so hast du kein sinnvolles Wertepaar für den ersten und zweiten Lauf eingegeben.
Liegen die KM-Zeitwerte sehr nahe beieinander, so kannst du daraus ebenfalls schließen, dass die eingegebenen Werte nicht geeignet sind. Benötigst du z.B. für einen 10 KM Lauf durchschnittlich 5:00 Minuten und für den Halbmarathon 5:04 Minuten pro Kilometer, dann ist davon auszugehen, dass du dich beim 10 KM Lauf wesentlich weniger angestrengt hast, als beim Halbmarathon.
Die daraus ermittelte Prognose für deine voraussichtliche Marathonzeit wird also entsprechend ungenau ausfallen. - Beide Läufe sollten möglichst mit maximaler Belastung absolviert werden. Zwischen Ihnen sollte ausreichend Erholungszeit liegen, jedoch nicht so viel Zeit, dass die Ergebnisse nicht mehr repräsentativ sind. Solltest du einen 10 KM Lauf vor einem halben Jahr absolviert, in der Zwischenzeit fleißig trainiert haben und läufst du nun 21 KM mit neuer Bestzeit, so sind diese beiden Läufe für eine möglichst genaue Prognose nicht besonders gut geeignet.
Da bei einer vernünftigen Marathonvorbereitung jedoch im Vorfeld mindestens ein 10 KM und ein Halbmarathon-Wettkampf absolviert werden sollten, stehen dir aktuelle Daten hoffentlich zur Verfügung. - Eine gute Grundlage für eine realistische Laufzeitprognose ist die Verwendung folgender Testzeiten:
Für 10 KM-Lauf | Für Halb- marathon |
Für Marathon | |
---|---|---|---|
Kurze Strecke: | 3 km | 5 km | 10 km |
Lange Strecke: | 5 km | 10 km | Halbmarathon |
Abschließende Hinweise
Realistische Werte für die Marathonzeit (bzw. andere Wettkampfzeiten) lassen sich mit diesem Modell nur dann ermitteln, wenn der Distanzunterschied der beiden Testläufe nicht zu klein ist. Es macht keinen Sinn, seine Bestzeit für 3 KM und 5 KM einzugeben um seine voraussichtliche Marathonzeit zu ermitteln. Das Ergebnis wird entsprechend ungenau ausfallen.
Darüber hinaus sollte auch berücksichtigt werden, ob du deinen ersten Marathon läufst oder bereits über Marathonerfahrung verfügst. Als Debütant solltest du besser zurückhaltender starten und dir die Option offen halten, bei guter Verfassung auf den letzten 5 bis 10 KM noch zulegen zu können.
Deine prognostizierte Marathonzeit solltest du in diesem Fall nochmals mit Faktor 1,1 multiplizieren.
Beispiel:
Deine prognostizierte Marathonzeit beträgt 4:40:00 Stunden. Für dein Marathondebüt solltest du in diesem Fall (4:40:00 x 1,1) Stunden einkalkulieren. Deine Zielzeit wäre somit ca. 5:08 Stunden.
Fragen und Antworten
F:
Ich habe für den ersten Lauf eine Zeit von 00:42:00 Stunden bei 10.000 m und für den zweiten Lauf eine Zeit von 01:33:00 Stunden bei Halbmarathondistanz angegeben.
Warum wird in der Tabelle mit der Zeitprognose nach der Berechnung für 10.000 m eine Zeit von 00:41:05 (statt 00:42:00) angegeben?
A:
Die Zeitwerte werden anhand des längeren Laufs ermittelt, wobei der kürzere Lauf bei der Berechnung mit einbezogen wird. Der kürzere Lauf wird bei der regressiven Berechnung ebenfalls neu berechnet. Für das obige Beispiel bedeutet dies, dass du bei einer Halbmarathonzeit von 01:33:00 Stunden zumindest rechnerisch in der Lage sein könntest, bei gleich guter Verfassung und vergleichbaren übrigen Bedingungen (Streckenverlauf, Witterung, Tagesform,...) 10 KM in 00:41:05 zurückzulegen.