Runtastic

Runtastic

Runtastic bietet eine App für viele Sportarten, vor allem auch für den Laufsport.

Was ist Runtastic?

Runtastic wurde durch die gleichnamige Smartphone-App bekannt, die von den wichtigsten Betriebssystemen – Android, iPhone, BlackBerry und Windows Phone – unterstützt wird. Die Software ermöglicht es, sportliche Aktivitäten aufzuzeichnen und aus den Daten Statistiken zu erstellen – ähnlich wie das von RUNNING LIFE bereits im Jahre 2005 realisierte Lauftagebuch.

Über Runtastic

Runtastic wurde 2009 von Florian Gschwandtner gegründet und kam ursprünglich im Rahmen eines Projektes der Fachhochschule Oberösterreich auf. Zunächst sollten Rallys und Segelboote getrackt werden. Da die Zielgruppe für einen wirtschaftlichen Erfolg zu klein war, wurde der Schwerpunkt bald auf weiter verbreitete und populärere Sportarten wie Dauerlauf, Radsport und Wandern gelegt. 2013 kaufte die Axel Springer AG 50,1% der Runtastic GmbH auf, im August 2015 gab Adidas die Übernahme von Runtastic bekannt.

Seit 2012 bietet Runtastic über einen Online-Shop auch eigene Hardware an. Hier können Produkte wie Laufuhren mit GPS-Funktionalität und Brustgurte für die Herzfrequenzmessung erworben werden. Seit 2014 bietet Runtastic zudem Orbit an, ein Gerät, welches per Armband oder Clip getragen werden kann und die Benutzeraktivitäten aufzeichnet.

Datenerfassung durch Runtastic

Im Unterschied zum Online-Lauftagebuch von RUNNING LIFE werden die Laufdaten von Runtastic gesammelt, indem entweder die eigene Runtastic-Hardware Orbit eingesetzt oder das Smartphone beim Laufen mitgeführt wird und die Daten auf diesem Wege direkt erfasst und auf den Runtastic Server übertragen werden.
Der Vorteil besteht darin, dass die Laufdaten nicht nochmals gesondert eingegeben werden müssen und sich zudem im Rahmen der Runtastic-Community teilen lassen. So ist es möglich, sich sowohl von Gleichgesinnten (echten) Bekannten als auch von wildfremden Leuten anfeuern und motivieren zu lassen. Die Laufergebnisse lassen sich auch im Sozialen Netzwerk, beispielsweise bei Facebook, veröffentlichen.

Ein wesentlicher Teil der Daten lässt sich nur dann erfassen, wenn GPS eingeschaltet ist, da sich nur dann Informationen wie die Geschwindigkeit und die zurückgelegte Distanz ermitteln lassen.
Wen es nicht stört, beim Laufen sein – mehr oder weniger großes – Smartphone mitzuschleppen, der kann die GPS-Funktion direkt nutzen. Den Orbit mit sich zu führen, ist deutlich handlicher, er verfügt aber leider über kein eigenes GPS.

Brennpunkt Datenerfassung

In der Öffentlichkeit zeichnet sich eine zunehmende Sensibilisierung für den Wert der eigenen, persönlichen Daten ab. Lautete früher das Motto nicht selten: „Ich bin viel zu unwichtig, als dass sich jemand für meine Daten interessieren würde“, so scheint sich diese Sichtweise bei vielen Menschen mittlerweile zu relativieren. Denn unter anderem zeigen inzwischen eine Vielzahl von Informationssendungen auf, wie sich persönliche Nutzerdaten kommerziell nutzen lassen.

So könnten in Zukunft beispielsweise Krankenkassen ein verstärktes Interesse an den per App dokumentierten sportlichen Aktivitäten zeigen. Wer regelmäßig Sport treibt und aktiv ist, könnte so einen günstigeren Krankenkassentarif erhalten als sportlich inaktive Menschen. Eine Vision, die unter anderem in den USA nicht mehr Zukunftsmusik, sondern bereits Realität ist. Wer sportlich aktiv ist, mag die Ansicht vertreten, dies ginge vollkommen in Ordnung, denn schließlich wäre es nur recht und billig, dass sportliche Aktivität auch belohnt wird. Doch auch sportliche Menschen können krankheits- oder verletzungsbedingt zu Zwangspausen gezwungen werden. Oder nach einem schweren Unfall ihren Sport womöglich nicht mehr ausüben. Spätestens dann dürften auch sie sich das derzeitige Solidaritätsprinzip der Krankenkassen zurückwünschen.

Kritik an Runtastic

Runtastic = Lifestyle-Produkt?

Lauf-Puristen kritisieren, dass Fitness-Apps wie Runtastic vornehmlich ein Lifestyle-Produkt sind. Aus ihrer Sicht wird oft nicht (mehr) vornehmlich gelaufen, um sportlich aktiv zu sein oder etwas für seine Gesundheit zu tun, sondern darum, in der Community mit seinen aktuellen Läufen anzugeben.
Im Sinne von: „Laufen – Selfie erstellen – Online-Status aktualisieren.“

Anhänger von Runtastic und anderen Apps kontern, dass es letztendlich egal ist, woraus jemand seine Motivation für das Laufen bezieht – Hauptsache er (oder sie) rafft sich auf und tut etwas für seine Gesundheit.

Fortgeschrittene Läufer wiederum parieren: „ich bin schon lange aktiv, treibe gerne Sport und muss mich nicht von Apps daran erinnern lassen. Zudem sind die von Runtastic ermittelten Werte sehr ungenau und basieren teilweise auf Schätzungen oder verallgemeinerten Grundlagen.“

„Ganz falsch!“, kontern die App-Anhänger. „Den inneren Schweinehund zu überwinden kostet enorm viel Kraft. Da ist jede Motivationshilfe nützlich.“

„Tja“, heben die Laufpuristen den Zeigefinger, „Turnschuhe anziehen und loslaufen – das war gestern… der ehrgeizige und moderne Freizeitsportler von heute muss sich schon per Smartphone vernetzen, wenn er etwas gelten will. Denn Fitness ist nicht mehr Selbstzweck, sondern zum Statussymbol geworden.“

Genauigkeit der Runtastic-Daten

Gemäß Wikipedia wird Kritik daran geübt, dass die von Runtastic ermittelten Daten ungenau wären. So basierten der Energieverbrauch und die Berechnung des Body-Mass-Index auf verallgemeinerten Grundlagen und nicht auf den tatsächlichen Verbrauchswerten. Dasselbe gelte für das Runtastic Orbit Fitnessarmband, dessen Messungen zu ungenau seien und welches über kein eigenes GPS verfüge. Bei sportlichen Aktivitäten wie Laufen oder Radfahren müsse man daher zusätzlich auf andere Geräte zurückgreifen. In einem Artikel der Wochenzeitung Die Zeit wurde u.a. Runtastic Orbit zusammen mit anderen Fitnessarmbändern in einem Test als „Elektroschrott“ bezeichnet, der anzeigt, „dass ich noch lebe. Und die Uhrzeit. Alles andere ist eine grobe Schätzung.“
Mehr zum Test: „Mein Bullshitarmband und ich“

Im Artikel „Mein Bullshitarmband und ich“ mokiert der Verfasser unter anderem auch, dass Runtastic Orbit für viele Einsatzzwecke ungeeignet ist. So verfüge es über kein eigenes GPS und könne eine Vielzahl von Sportarten nicht erfassen. Werden Sit-ups zur Stärkung der Bauchmuskulatur gemacht, so erfasst Orbit sie nicht, denn es handelt sich eben nicht um Gehbewegungen. Oder aber das Training im Fitnessstudio. Hierzu schreibt der Autor Patrick Beuth:

Nach Feierabend gehe ich ins Fitnessstudio. Eine Stunde Krafttraining quittiert der Orbit mit ganzen vier "aktiven Minuten". Eben weil ich dabei nicht gelaufen bin. Immerhin bin ich dank des kurzen Spaziergangs zur S-Bahn am Ende des Tages bei 15.000 Schritten.


Dasselbe Problem stellt sich bei seiner ganztägigen Radtour: der Orbit merkt nicht, dass er auf dem Fahrrad sitzt und sich durchaus bewegt. Denn der Orbit ist im Grund genommen nicht mehr als „ein simpler elektronischer Schrittzähler. Es gibt keine validen Fitness-Indikatoren. Um diesbezügliche Ansprüche zu erfüllen, müsste man ein Medizinlabor am Körper tragen.“

Runtastic und die persönlichen Benutzerdaten

Wer sein Orbit auf die Werkseinstellungen zurücksetzen, seine Runtastic-Apps sowie sein Profil auf runtastic.com löscht, dessen Daten werden vollständig und unwiederbringlich gelöscht – soweit zur Theorie. In der Praxis entfernt Runtastic aber nur die personenbezogenen Daten, nicht die Trainingsdaten. Diese bleiben weiterhin erhalten.

Brennpunkt GPS-Tracking

Ein weiteres Problem kann sich dadurch ergeben, dass viele der Auswertungsmöglichkeiten von Runtastic (und vergleichbaren Apps) GPS-Tracking erfordern.
Mit seinen Smartphones sind Google und Apple bereits heute in der Lage, bei eingeschaltetem GPS eine Vielzahl von Benutzerinformationen zu sammeln. Aus den Daten lassen sich exakte Bewegungsprofile erstellen. Anhand der geographischen Daten lassen sich Rückschlüsse darauf ziehen, ob jemand mit dem Auto, dem Bus, der U-Bahn oder dem Fahrrad unterwegs ist. Ob jemand täglich längere Distanzen zu Fuß zurücklegt oder regelmäßig Laufen geht.

Wenn er/sie beim Laufen häufiger stehen bleibt, so lassen sich daraus Rückschlüsse ziehen. Bei einem langsamen Lauftempo liegt die Vermutung nahe, dass es sich um einen Anfänger handelt, der zu häufigeren Gehpausen gezwungen ist. Die passende Werbung dazu könnte ein Buch mit Tipps für Laufeinsteiger sein. Bei jemandem, der zügiger unterwegs ist, könnten diverse Laufunterbrechungen den Schluss nahelegen, dass er/sie über ein reges soziales Netzwerk verfügt und während des Laufs häufiger Freunde und Bekannte trifft, mit denen einige Worte gewechselt werden. Auch dies stellt eine wertvolle Information dar, wenn so jemand durch geschickte Werbung für bestimmte Produkte begeistert werden kann und diese weiterempfiehlt.

GPS-Tracking kann aber noch viel mehr.
Dazu zwei Beispiele:

Auf Basis der Bewegungsprofile einer Person lässt sich viel über persönliche Vorlieben und Interessen herausfinden. Ist jemand kulturell interessiert, geht er ins Kino, auf Konzerte oder besucht er Fußballspiele bzw. andere Sportveranstaltungen?
GPS-Tracking lässt Rückschlüsse darauf zu, welche Restaurants und Geschäfte besucht werden und somit, ob die betreffende Person eher gut situiert ist oder aufs Geld achten muss.

Auch wer nichts zu verbergen hat, ist gut beraten, das GPS-Tracking abzuschalten, wenn er es nicht unbedingt benötigt. Apps wie Runtastic und viele andere, welche GPS-Tracking benötigen, bringen immer die Gefahr mit sich, dass nach der Verwendung vergessen wird, das GPS wieder abzuschalten – oder es aus Bequemlichkeit stets eingeschaltet zu lassen.

Übrigens: Schon heute ist es so, dass bei einigen Hotelbuchungsportalen iPhone- und iPad-Benutzer höhere Übernachtungspreise angezeigt bekommen, als Android-Smartphone-Benutzer. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass jemand, der sich ein (teureres) iPhone leistet, auch über mehr Geld verfügt.

Was ist Runtastic wert?

220 Millionen Euro. So viel war Adidas gemäß den Angaben auf seiner eigenen Website bereit, für das österreichische Unternehmen zu bezahlen.

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