Probiotischer Joghurt für Läufer

Probiotischer Joghurt für Läufer

Das Leben einer Läuferin ist… ein Schweres.
Dabei sollte es doch federleicht sein, der Laufstil fluffig, die Füße nur sanft über den Boden streifen. Denn der lästige Ballast ist ein Thema, dem wir mit jedem Laufschritt ein bisschen mehr davongelaufen sind. Die Waage zeigt zwar weiterhin nicht das Wunschgewicht an – wobei daran oft eher die wunschhaften Wunschvorstellungen denn die Laufeffizienz Schuld sind – aber immerhin: die Pfunde purzeln. Mehr oder weniger.

Als emanzipierte Läuferin achte ich selbstverständlich auch auf meine Ernährung. Das tollste Lauftraining nützt gleich viel weniger, wenn der Trainingseffekt und die potentielle Gesundheitssteigerung dem Fast Food zum Opfer fallen.
Bezüglich der Ernährung gibt es ja so viel zu beachten und noch mehr, was man so alles falsch machen kann. Nehmen wir probiotischen Joghurt. Selbstverständlich probiotischen und nicht irgendeinen. Denn auch wenn ich gar nicht so genau weiß, was das besagen will, so klingt „pro“ = „für“ und „biotisch“ = „das Leben“ doch super!
Ich weiß, ich bin ein wenig überkritisch. Statt das einfach mal so unverändert im Raum stehen zu lassen, muss ich das mit der Probiotik nochmal hinterfragen – mehr dazu später.

Denn am allerwichtigsten scheint zu sein, dass das Joghurt „rechtsdrehend“ ist. Einige Marken stellen diesen Aspekt dermaßen plakativ in den Vordergrund, dass es einem vor lauter Drehungen schon ganz schwindlig wird. Aber was dreht sich da eigentlich? Hat das Joghurt einen Drehwurm? Tanzt es einen sinnlichen Walzer?

Aber nicht doch… was genau das „rechtsdrehend“ eigentlich bedeutet und was es bewirken soll, darüber schweigen sich die Hersteller wohlwollend aus. Ist ja auch vollkommen egal, solange es (A) gut klingt und (B) auf jeden Fall in irgendeiner – nicht näher beschriebenen – Form extrem gesundheitsfördernd ist. Nicht die graue Realität steht im Rampenlicht, sondern das Marketing. Was (wirklich oder auch nur vermeintlich) gesund ist, wird nun mal eher gekauft.

Rechtsdrehender Joghurt für Läufer

Ich habe einmal ein wenig recherchiert. Denn um ganz ehrlich zu sein wusste ich auch nicht viel über „rechtsdrehenden“ Joghurt. Außer, dass er irgendwie gesünder sein soll als linksdrehender oder welches, das überhaupt nicht dreht. Vermutlich drehen sich auch nur sehr exklusive und somit teurere Joghurts, denn schließlich ist all die Dreherei mit viel Arbeit verbunden und Arbeit will bezahlt sein.

Bei rechtsdrehendem Joghurt geht es um Folgendes: Die Milchsäure dreht die Schwingungsebene des linear polarisierten Lichts nach links oder nach rechts.

Kein Wunder, dass mit dieser Erklärung nicht geworben wird. Man möchte den potentiellen Kunden für sich gewinnen und nicht etwa erschrecken. Für alle, die trotzdem ein bisschen mehr darüber erfahren möchten: es gibt zwei unterschiedliche Arten von Milchsäuremolekülen und zwar die L- sowie die D-Milchsäure. Beide haben zwar dieselben chemischen und physikalischen Eigenschaften, unterscheiden sich aber in der räumlichen Anordnung. Vergleichbar mit einem linken und einem rechten Laufschuh eines Laufschuhpaars, die zwar gleich aussehen, aber unterschiedlich gearbeitet sind – für den linken und rechten Fuß individuell.
Leitet man nun polarisiertes Licht durch eine Lösung mit L-Milchsäure, so wird die Schwingungsebene des linear polarisierten Lichtes an den Molekülen nach rechts abgeleitet, bei der D-Milchsäure hingegen nach links.

Wissen ruft laut „Aha!“.  
Was aber soll daran eigentlich besonders gesund sein?
In der Natur kommen links- und rechtsdrehende Milchsäuren etwa gleich häufig vor. Im Joghurt hingegen gelten andere, und zwar hausgemachte, Regeln. Der menschliche Körper kann Mittels eines körpereigenen Enzyms die rechtsdrehende L-Milchsäure schneller abbauen und daher gilt sie kurzerhand als besonders gesund. Gedreht wird viel, oft sogar geschraubt: und zwar am Preis. Denn wer den Menschen so viel Gutes tut, möchte sich das in der Regel auch bezahlen lassen.

Wie spektrum.de verrät, halten Ernährungsexperten aber auch die linksdrehende Milchsäure für ungefährlich, selbst wenn sie langsamer abgebaut wird. Zwar bleibt die Säure hier länger im Körper. Damit kommt der Körper eines gesunden Menschen aber prima klar. Nur bei Säuglingen oder wenn Erkrankungen des Darms vorliegen, kann sich die linksdrehende Milchsäure negativ auf den Körper auswirken. Zu diesem Ergebnis kommt übrigens auch Ökotest.

Probiotischer Joghurt

Probiotisch: „für das Leben“.
Schon vor 100 Jahren wusste man, dass Joghurt gegen Durchfall hilft. Damals gab es Joghurt in der Apotheke zu kaufen.
In eigenen Studien haben Joghurthersteller zweifelsfrei bewiesen, dass die neue Generation von Milchsäurebakterien noch viel mehr kann. So soll sie in tiefere Darmabschnitte gelangen und das Immunsystem positiv beeinflussen.

Interessanter Weise fehlt bei diesen Studien meist die Vergleichsgruppe der „Normaljoghurts“, vielleicht, weil niemand so recht Interesse daran hat, die großen (oder vielleicht nicht ganz so großen?) Unterschiede genauer zu untersuchen. Ökotest meint dazu:

„Wer würde schon den doppelten Preis für einen besonders ausgelobten Joghurt zahlen, wenn plötzlich herauskäme, dass der Einfache genauso gesund ist? Prinzipiell sind Joghurtbakterien - ob probiotisch oder nicht - so gesund, weil sie andere, möglicherweise krank machende Keime verdrängen und so dem Immunsystem helfen, seine schwere Arbeit zu tun.“

Für unsere Gesundheit soll uns ja kein Preis zu hoch sein.
Wenn normales Joghurt aber (beinahe?) genauso „leistungsfähig“ ist wie das veredelte, dann fragt sich doch, ob sich der Aufpreis lohnt?

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